Der 9. November 2024

»Nach dem Krieg hat man sich auf ein ›konstruktives Vergessen‹ geeinigt«, schreibt Gabriel Stängle in seinem neuen Buch »Hier gilt der deutsche Gruß!«, das er mit seinen Schülern der Christiane-Herzog-Realschule Nagold erarbeitet hat und das vor wenigen Tagen als Band 6 in der »Edition Papierblatt« erschienen ist. Über manche Aspekte unserer regionalen Nazi-Vergangenheit hat man in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg Gras wachsen lassen, »das Leben musste ja irgendwie weitergehen«. Alte Gräben und Wunden blieben unter der Oberfläche offen und verheilten nie.

Sollte man Erinnerungsarbeit irgendwann einmal beenden oder ist sie wichtiger denn je? Wenn man sich die Entwicklungen in Deutschland, Europa und Amerika seit dem 7. Oktober 2023 anschaut und die letzten Ereignisse an Unis und bei Fußballspielen, kann man für einen Moment entsetzt zusammenzucken, dann wegschauen und sich wieder anderen Themen zuwenden. Jüdische Deutsche und israelische Gäste können das schon lange nicht mehr. Sie fühlen sich nicht mehr sicher. Manche europäische Juden erwägen, nach Israel auszuwandern, oder sind schon gegangen.

Der Staat Israel als Zufluchtsort der Juden in aller Welt ist unverzichtbar. Das sollte jedem klar sein, der an Tagen wie heute – dem 86. Jahrestag der sogenannten »Reichskristallnacht« Stolpersteine und Gedenkstätten besucht, Lichterketten bildet und »Nie wieder« oder »We remember« ruft. Wir dürfen nicht nur an die toten Juden denken, sondern müssen aktiv werden, damit jüdisches Leben in Europa möglich bleibt! Und dass ein wehrhafter Staat Israel, der von feindlichen Nachbarn bedroht und beschossen wird, Solidarität erfährt. Von Europa aus dürfen wir nicht oberlehrerhaft kundtun, wie Terrorismus zu bekämpfen ist und wie eine rechtsstaatliche Regierung auszusehen hat. Darüber diskutieren die Israelis schon selber.

Wir sollten lieber bei uns den antidemokratischen und israelfeindlichen Strömungen wehren. Und uns immer wieder in Erinnerung rufen, dass Antisemitismus ein gigantisches Phänomen ist, nicht nur, wenn man ihn nach der 3-D-Regel definiert: Israel wird delegitimiert und dämonisiert; Im Vergleich zu anderen Ländern wird Israel nach Doppelstandards beurteilt und verurteilt. Israel zieht vor allem deshalb Hass auf sich, weil es ein jüdischer Staat ist. Und allzuoft werden Juden aus aller Welt für das Handeln des israelischen Militärs unmittelbar verantwortlich gemacht. So wie vor über 80 Jahren die Juden schuld am Unglück der Welt waren, ist es heute der Staat Israel oder die sogenannten »Zionisten«.

Vor einem Jahr haben wir am 9. November eine denkwürdige Veranstaltung mit Fredy Kahn und Franziska Becker durchgeführt, die ich moderieren durfte: Es ging um die jüdische Vergangenheit des Dorfes Baisingen und um die Aufarbeitung der Ereignisse der Nazizeit. Und wir gedachten der Opfer des Massakers vom 7. Oktober und beteten für die Geiseln. Einige von ihnen sind immer noch nicht zurückgekehrt. Und der Krieg im Nahen Osten geht weiter. Unzählige Menschen leiden.

Was hat die Welt aus der Vergangenheit gelernt? Viel zu wenig. Deshalb müssen wir weiter daran erinnern, unsere jüdischen Mitbürger unterstützen und dankbar sein, dass der Staat Israel seit über 76 Jahren existiert – als Zeichen der »einzigartigen Treue Gottes«. So heißt es im Untertitel unseres Films »Schalom75«, der in den letzten eineinhalb Jahren sehr oft gezeigt werden konnte. Ich persönlich durfte zahlreiche Vorträge halten und wertvolle Gespräche führen.

Am heutigen Tag ist der Terminkalender leer geblieben. Wir stecken bereits mitten in den Vorbereitungen zu einer wichtigen Veranstaltung, die wir am 27. Januar 2025 im Neuen Schloss in Stuttgart mitgestalten dürfen und an der wir unsere neue Ausstellung »Holocaust gezeichnet« präsentieren: Den Holocaustgedenktag genau 80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Wir sind sehr dankbar, dass dies möglich sein wird, aktuelle Informationen gibt es auf www.papierblatt.de.

Herzliche Einladung auch zu den Buchvorstellungsterminen ab dem 16.11.2024 mit Gabriel Stängle und seinen Schülern.

Nie wieder ist jetzt – am Israel chai!
Timo Roller

schalom76 – »Glück« im Unglück

Gottes Segen für einen angegriffenen und angefeindeten Staat!

14. Mai 2024. Vor 76 Jahren wurde der Staat Israel gegründet. Vor einem Jahr hatte unser Film »#schalom75« Premiere, seither wurde er wohl um die 500 Mal gezeigt. Ab heute müsste es eigentlich »#schalom76« heißen. Aber auch »Schalom« – Frieden – fühlt sich inzwischen irgendwie falsch an!

Seit dem 7. Oktober 2023 hat sich vieles verändert. Israel wurde attackiert und befindet sich im Krieg. Ein Krieg, der diesem kleinen, vielfältigen, modernen Land aufgezwungen wurde. Ein Krieg, der inzwischen von Vielen völlig zu Unrecht als »Völkermord« bezeichnet wird. Israel wird angefeindet und verurteilt – es ist kaum rational nachvollziehbar.

Die ganze Welt hat sich offensichtlich in zwei Parteien gespalten: diejenigen, die Israel hassen, und diejenigen, die zu dem Land stehen. Doch nein, es gibt auch eine dritte Partei: die Stillen, die nichts sagen, damit sie nichts Falsches sagen. Diejenigen, die nicht in die Schusslinie geraten wollen. Die Zuschauer (engl.: Bystander – »Dabeistehender«).

Auch beim »Eurovision Song Contest« am vergangenen Wochenende waren diese »Parteien« zu beobachten: Demonstranten hetzten massiv gegen Israel, laute Buh-Rufe waren in der Halle zu hören, während die Sängerin Eden Golan für Israel auftrat, von Künstler-Kollegen war unterschwellige Feindschaft zu spüren. Auf der anderen Seite: Israel hat europaweit Zuhörer mobilisiert, die der Künstlerin ihre Stimme gegeben haben. Die zweithöchste Zahl insgesamt. Es hat für den fünften Platz in der Gesamtwertung gereicht.

Und doch beschäftigt mich die dritte Partei: Die Künstler, die wenig bis nichts gesagt haben, die Veranstalter, die ganze Kultur-Blase, die so stolz ist auf ihre »Toleranz«: Wer hat denn der israelischen Sängerin Eden Golan den Rücken gestärkt, wer hat Solidarität bekundet? Der finnische Sänger Käärijä hat hinter den Kulissen unverfänglich mit der Israelin getanzt, die Szene wurde online gestellt. Daraufhin gab es Anfeindungen, es folgte der Rückzieher, eine Entschuldigung. Es kann heutzutage massiv schaden, wenn man sich an die Seite von Israelis und Juden stellt!

Wie war das eigentlich »damals«? Vor mehr als 80 Jahren, als es losging mit der Ausgrenzung von Juden? Mit der Ausgrenzung und Verfolgung, die im Holocaust endete, im industriellen Massenmord an 6 Millionen Juden! Wenige hatten ihre jüdischen Mitmenschen am Anfang offen gehasst. Aber noch weniger haben zu ihnen gehalten, an sie erinnert die »Liste der Gerechten unter den Völkern«. Die meisten haben wenig oder nichts gemacht. Denn es hätte sehr gefährlich werden können.

Ein Holocaust-Überlebender, den wir einmal interviewt haben, Ben Lesser, erwähnte diese »Zuschauer«. Es sei das größte Problem während der nationalsozialistischen Herrschaft gewesen, dass so viele Menschen einfach geschwiegen haben.

Wie hätten wir es damals gemacht? Vor einiger Zeit brachten mich ein paar wenige Worte aus dem Matthäusevangelium sehr ins Nachdenken – Jesus zitierte die Pharisäer und Schriftgelehrten, die von sich dachten: »Hätten wir zu Zeiten unserer Väter gelebt, so wären wir nicht mit ihnen schuldig geworden.« – Denken wir Deutsche der Nachkriegsgenerationen nicht genauso? Wir hätten nicht so gehandelt! Nicht wie die Nazis, nicht wie die schweigenden »Dabeistehenden«. Wirklich nicht?

Unserer Familie, unserem Ruf, unserer Unversehrtheit zuliebe: Vielleicht hätten wir uns lieber auch vornehm zurückgehalten. Repressalien gegen Regimegegner waren hart. Ist es nicht verständlich …?

Auch ich bin nicht besonders mutig. Ich war auf einer Demo in Stuttgart, die Juden haben sich gefreut, bezeichneten uns Christen mit unseren Israelfahnen und Bannern »Gerechte unter den Völkern«. Doch davon fühlte ich mich so weit weg: Bestens von der Polizei geschützt, nur ein paar wenige Pöbler auf der Königsstraße, keine unmittelbare Gefahr. Ich überlegte nach der Demo: Mit Israelfahne in die S-Bahn auf der Rückfahrt. Lieber nicht! – Wer ist denn heute viel besser als die »Dabeistehenden« damals? Nur wenige.

Wir sollten allerdings wissen: Einer steht den Juden bei, dies hat er zugesagt. Es ist der lebendige Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Der Gott, den wir als Vater anbeten und nach dessen Sohn wir uns Christen nennen.

Wir Gläubigen müssen zum jüdischen Volk halten, zum Volk Gottes, denn »das Volk Israel lebt« – »Am Israel Chai!« Dies wird immer so sein. Gott hat wieder einmal einen Einblick gegeben – in der Nacht vom 13. auf den 14. April 2024: 300 Raketen aus dem Iran wurden auf Israel abgefeuert. Es ist fast nichts passiert. Nur ein militärischer Erfolg? Oder gab es neben der »Eisernen Kuppel« auch einen »Schirm des Höchsten« (Psalm 91)? Nichts ist passiert – und deshalb ist der Angriff schon beinahe wieder vergessen. Wie auch die Geiseln, die nach über 7 Monaten immer noch in Gefangenschaft im Gazastreifen sind. Im Kampf gegen die Hamas lässt die israelische Armee größte Vorsicht walten, und wird trotzdem so hart verurteilt wie keine andere Streitmacht.

»Der Hüter Israel schläft und schlummert nicht.« – Manche Einzelheiten aus unserem Film »#schalom75« sind nicht mehr ganz aktuell. Aber die Kernbotschaft des Films, Gottes einzigartige Treue, ist aktueller denn je.

Zu Beginn des Films heißt es: »Nach einer UNO-Umfrage zählt Israel zu den Top Ten der ›glücklichsten Länder der Welt‹«. Ich war überzeugt, dass dies nach dem 7. Oktober anders sein würde. Die Überraschung: Israel ist im Ranking tatsächlich nach hinten gerutscht: Von Platz 4 auf Platz 5! Trotz Krieg. Glück im Unglück? Deutschland ist gleichzeitig von Platz 16 auf 24 gefallen …

»Wünschet Jerusalem Glück!« – so wurde Psalm 122,6 in der alten Lutherbibel übersetzt. In der neuen Version von 2017 heißt es an der gleichen Stelle: »Wünschet Jerusalem Frieden!«

Das hebräische Wort, das zuerst mit »Glück« und dann mit »Frieden« übersetzt wurde, heißt: »Schalom«. »Schalom« ist etwas tieferes als weltliches Glück, Wohlergehen oder die Abwesenheit von Krieg. Es ist eine tiefe »Zufriedenheit« durch die Nähe des lebendigen Gottes. Vielleicht erleben dies auch die weniger Frommen aus dem Volk Israel ganz unbewusst. Und wenn wir uns als Christen und als Deutsche auf diesen »Schalom Gottes« einlassen, könnten wir auch etwas zufriedener sein, sogar, wenn wir angegriffen und gehasst werden. Und wir könnten ein bisschen mutiger sein mit unserer Israel-Solidarität!

Wünschet Jerusalem – und dem Volk Israel – Gottes Schalom. Besonders heute, 76 Jahre nach der Staatsgründung!

Timo Roller

Jerusalem first!

Am 9. Feburar 2021 hatte ich meine Tumor-Operation und eine anschließende Krebsbehandlung. Ich habe damals darüber in »Meine Hiobsbotschaft« ausführlich berichtet. Nun, drei Jahre später, bin ich gesund und munter und durfte in meinem Heimatdorf Effringen unseren Film »#schalom75 – Gottes einzigartige Treue« zeigen und am nächsten Morgen im Gottesdienst die Predigt halten.

Allen Völkern muss im Namen des Christus verkündet werden: »Ändert euer Leben! Gott will euch eure Schuld vergeben.« Fangt in Jerusalem an! (Lukas 24,47) – So lautete der Lehrtext des 9. Februar 2024 in den Herrnhuter Losungen. »Fangt in Jerusalem an!« – »Jerusalem first!« – Eine Aussage die sehr gut zu meiner persönlichen Berufung passt, in meiner Predigt verknüpfte ich einige wichtige Bibelstellen aus dem Buch Jesaja mit meiner Krankheits- und meiner Berufungsgeschichte.

Jerusalem stand am Anfang von Gottes Heilsgeschichte – zur Zeit Abrahams (oder gar Adams?!). Jerusalem steht am Ende der Geschichte – siehe Offenbarung 21. Und: Jerusalem ist das Zentrum der Geschichte. Dort wurde Jesus Christus gekreuzigt und dort ist er auferstanden.

Am kommenden Sonntag (18.2.2024) werde ich die Predigt um 18 Uhr beim Liebenzeller Gemeinschaftsverband in Wart wiederholen. Und auch dort wird wiederum am Samstag zuvor (17.2.2024) der Film gezeigt, um 19 Uhr. Herzliche Einladung!

Von den beiden wichtigen Veranstaltungen in den letzten Wochen habe ich Videoaufnahmen erstellt, die inzwischen online sind:

Der Holocaustgedenktag am 27.1.2024 mit dem Seminartag zu den Themen Antisemitismus und Nahostkonflikt ist ausführlich dokumentiert, Zeitungsbericht, Livestream und vier Seminare sind auf einer Veranstaltungsseite des Papierblatt-Projekts abrufbar.

Die beiden Vorträge von Prof. Mihamm Kim-Rauchholz sind auf der Internetseite der Lichtmesskonferenz abrufbar, auch der Zeitungsartikel kann dort nachgelesen werden.

Holocaust-Gedenktag und Lichtmesskonferenz

Jedes Jahr Ende Januar und Anfang Februar sind zwei wichtige Termine, die ziemlich viel Zeit beanspruchen: Veranstaltungsplanung und -durchführung sowie vorher und nachher Öffentlichkeitsarbeit und später dann die Verwertung der Aufnahmen.

Am 27. Januar war Holocaustgedenktag, da haben wir – unter anderem im Rahmen des Papierblatt-Projekts – nach Maisenbach eingeladen. Im Gästehaus Bethel gab es einen Seminartag mit hochinteressanten Vorträgen, abends dann den Gedenkabend mit Avigdor Neumann (per Zoom aus Israel) und Jair Bayer, der als Soldat der israelischen Armee im Gazastreifen war. Er ist der Cousin von Urija Bayer, der im Dezember beim Kampfeinsatz ums Leben gekommen ist. Während des ganzen Tages war ich hinter den Kulissen für Kamera und Regie zuständig, hinterher habe ich umfangreich für den Schwarzwälder Boten berichtet.

Im Umfeld der Papierblatt- und Zedakah-Arbeit ist der Artikel »Solidarität zu hohen Kosten« von mir auf Israelnetz erschienen sowie eine Zusammenstellung von Medienbeiträgen über Urija Bayer und die Arbeit von Zedakah in Maalot.

Am Sonntag, den 4. Februar lädt die Zellerstiftung zur jährlichen Lichtmesskonferenz ein, dort arbeite ich seit Jahren mit – in der Organisation und Öffentlichkeitsarbeit sowie natürlich auch als Verantwortlicher für die Medientechnik. Hauptrednerin bei der 168. Ausgabe der Konferenz ist Prof. Mihamm Kimm-Rauchholz, die seit 2023 zum Leitungsteam der Liebenzeller Mission gehört. Die Konferenz wird umrahmt von einer Missionsausstellung mit zahlreichen Infoständen christlicher Werke aus der Region Nordschwarzwald, darunter Zedakah, Aseba und Morija mit #schalom75 und dem Papierblatt-Projekt. Herzliche Einladung, die Türen öffnen um 13 Uhr im Zellerstift in Nagold.

»Gewalt« heißt auf Hebräisch »Hamas!« – ein Leserbrief

In der aktuellen IDEA 3/2024 erscheint ein Leserbrief, der sich auf meinen kürzlich erschienenen Impuls »Hat Gott Israel vergessen?« bezieht. Da ist von einer sprachlichen Vermischung die Rede: »Hamas« bedeute auf Arabisch »Begeisterung, Eifer, Kampfgeist«.

Dies war mir natürlich bekannt und in einer längeren Version der Predigt habe ich ausgeführt, dass »Hamas« eigentlich aus dem Arabischen kommt. Aber die »Kleine Kanzel« ist eben »klein« und daher blieb nur der Hinweis auf das hebräische »Hamas« übrig.

Im Gegensatz zum Leserbriefscheiber finde ich nicht, dass dieser »Sachverhalt […] IDEA-Leser kaum interessieren« sollte. Im Gegenteil ist es überaus erstaunlich, dass das biblische Hebräisch die »Hamas« genau als das entlarvt, was sie tatsächlich ist: eine gewalttätige, absolut menschenverachtende Terrororganisation, die Unheil über das Volk Gottes bringt!

#schalom75: Krise und Kino

Gestern war ich mit dabei in der ersten richtigen Kino-Vorführung unseres Films #schalom75 – im besonders schönen Kino in Bad Wildbad. Das war etwas Besonderes: Aus der zweiten Reihe konnte ich die Bild- und Tonqualität richtig genießen.

Es war die dritte Vorführung, bei der ich seit Beginn des schrecklichen Hamas-Angriffs in Israel selbst dabei war. Es waren wertvolle Abende. Zwar scheint nun einerseits #schalom75 bereits veraltet zu sein und auch der Filmtitel klingt merkwürdig: Kein Schalom und auch kein Feiern mehr des 75-jährigen Staatsjubiläums. Stattdessen Entsetzen angesichts der Gräueltaten der Terroristen, Bangen um das ungewisse Schicksal der Geiseln – und beten für die Freunde von Zedakah, die wir vor wenigen Wochen erst noch in Shavei Zion besucht hatten und die nun in den Schutzräumen verharren.

»Am 7. Oktober 2023 sind soviele Juden ermordet worden wie an keinem anderen Tag seit dem Ende des Holocausts!« – so schrieb ich vor wenigen Tagen auf der Startseite von www.papierblatt.de. Unsere Projekte haben eine ganz andere Perspektive bekommen: Einige haben in den Sozialen Medien verkündet: »›Nie wieder‹ ist jetzt!« – Wieder geht es um die Existenz von Juden, wieder sind wir gefragt, zu Gottes Volk zu stehen. Schaffen wir das?

Die Geschichte von Gottes Treue zu seinem Volk sowie die ganzen Hintergrundinformationen, die #schalom75 und Einzigartiges Israel bieten, sind nun umso wichtiger, um die Tragweite der momentanen Krise zu verstehen. Der Hass auf Juden, den wir vor wenigen Tagen beim Antisemitismus-Kongress als eher »theoretische« Frage behandelten, ist nun in einem erschreckenden Ausmaß wieder Realität geworden.

Wir wollen für Israel beten und unsere Solidarität vor allem durch unsere Arbeit zum Ausdruck bringen, mit der wir bezeugen, welche besondere Rolle das jüdische Volk und das Land Israel für uns als Christen spielt! Am Israel Chai, das Volk Israel lebt!

Antisemitismus heute – ein wichtiger Kongress!

Antisemitismus heute – so heißt der Kongress, der vom 24. bis 26. September auf dem Schönblick in Schwäbisch Gmünd stattfindet.

Antisemitismus heute – ist leider ein großes Problem! Ob von rechts, links, von Zugewanderten oder aus der Mitte unserer Gesellschaft. Hass auf Juden oder auf Israel existiert mitten unter uns.

Dagegen müssen wir etwas tun! Mit unserem Projekt »Papierblatt – Holocaust-Überlebende berichten« lassen wir Zeitzeugen zu Wort kommen, die Antisemitismus in seiner schrecklichsten Form erlebt haben.

Wir müssen aus der Vergangenheit lernen und an einer besseren Gegenwart und Zukunft arbeiten. Dazu wollen wir uns auf dem Kongress treffen und vernetzen. Antisemitismus heute – muss bekämpft werden!

Auf Instagram ist dazu ein Clip mit mir veröffentlicht worden.

Ich werde einen Workshop halten mit dem Titel: Erinnern und lernen: Möglichkeiten und Gefahren im digitalen Zeitalter – Nur noch wenige Zeitzeugen können aus erster Hand von ihren schrecklichen Erlebnissen während des Holocaust berichten. Dabei ist es so wichtig, die Erinnerung wachzuhalten, denn nur so können die jetzige und zukünftige Generationen aus der Geschichte lernen. Wie Überlebende ihre Zeit nach dem Holocaust gestaltet haben, kann eine große Ermutigung sein. Wo einerseits durch Videos, Texte und das Internet viele Gefahren der Falschinformation lauern, gibt es andererseits hervorragende Möglichkeiten, den Menschen diese Zeitzeugnisse zu vermitteln.

75 Jahre Israel – der Countdown läuft!

Am 14. Mai 1948 wurde im Heiligen Land ein neuer Staat gegründet: Israel. Das erste und bis heute einzige demokratische Land im Nahen Osten. Es wurde die neue Heimat für die weltweit verstreuten und verfolgten Juden, drei Jahre nach dem Holocaust. Dieser neue Staat besteht trotz aller Kriege, Krisen und Konflikte bis heute.

Zum 75-jährigen Geburtstag der Staatsgründung produziere ich für MORIJA im Auftrag des christlichen Medienwerks ASEBA den Film »#schalom75«. Die Premiere findet am 14. Mai 2023 an mehreren Orten statt, sicher sind bisher das »iP-Zentrum« in Maisenbach bei Bad Liebenzell und das »Bildungs- und Begegnungszentrum für jüdisch-christliche Geschichte und Kultur« in Reichenbach im Vogtland. Weitere Aufführungsorte werden in den nächsten Wochen auf www.aseba.de bekanntgegeben. Am Datum der Filmpremiere jährt sich die Staatsgründung Israels zum 75. Mal – nach christlichem Kalender, denn in Israel wird bereits über zwei Wochen früher gefeiert: Der Unabhängikeitstag 2023 beginnt nach jüdischem Kalender am Abend des 25. April.

Die Überarbeitung unseres MORIJA-Projekts »Einzigartiges Israel« schreitet ebenfalls voran. Eine Buchversion wird es leider nicht mehr geben, aber im SCM-Verlag ist ein Sammelband mit dem Titel »Was uns an Israel fasziniert« entstanden, der vor kurzem veröffentlicht wurde und für 22 Euro im Handel erschienen ist. Ich freue mich sehr, dass darin ein Beitrag von mir enthalten ist unter der Überschrift: »Die Begegnungen mit Holocaustüberlebenden haben mich sehr geprägt. – Zwischen Gottes Verheißungen und unermesslichen Leid«. Weitere Beiträge sind von Michael Blume, Ulrich Parzany, Johannes Gerloff, Anatoli Uschomirski und einigen weiteren Autoren.

Zwei Reisen – und viele Fragezeichen

Am Ostermorgen mit dem Flugzeug Richtung Sonnenaufgang: Der April könnte ein ereignisreicher Monat werden! Zum zweiten Mal findet am 13. April an der Universität Sirnak im Südosten der Türkei ein Noah-Symposium statt. Und zum zweiten Mal nach 2013 habe ich mich dort mit einem Beitrag beworben und dieser wurde akzeptiert. Obwohl zunächst nur auf Türkisch angekündigt und mit der Einschränkung, die Reisekosten seien selber zu finanzieren, hat sich nun noch einiges zum Positives gewendet: Es gibt eine englische Version der Seite und mein texanischer Forscherfreund Bill Crouse, der Maßgebliches in der Forschung des Bergs Cudi geleistet hat, und ich wurden nach unseren Daten gefragt für die Buchung des Flugs.

Direkt anschließend ist eine weitere Reise geplant und bereits gebucht: Vom 22. bis 26. April möchte ich mit Schuldekan Thorsten Trautwein nach Israel fliegen. Mordechai Papirblat feiert am 25. April seinen 97. Geburtstag und wir wollen ihm persönlich die deutsche Ausgabe seines Buches »900 Tage in Auschwitz« überreichen. Die Dokumentation dieser Übergabe könnte dann am 1. Mai in Maisenbach gezeigt werden, wo Projektpartner Zedakah e.V. nicht nur sein jährliches Israel-Freundestreffen abhält, sondern auch das 60-jährige Jubiläum feiert.

»Könnte« – habe ich eingangs geschrieben. Waren es bei den ersten Planungen noch Fragen wie: »Wird Mordechai Papirblat gesund genug sein, um Besuch zu empfangen?« oder »Wie entwickelt sich die politische Lage an der türkisch-syrischen Grenze?« beschäftigt uns inzwischen vor allem ein Thema: Der Corona-Virus! Israel hat sein Staatsgebiet völlig abgeriegelt, Deutschland zunächst zum Risikogebiet erklärt und inzwischen alle Besucher »ausgeladen«. Touristen, die im Land sind, werden nachhause geschickt. Die Türkei, bisher erstaunlich lange virusfrei geblieben, hat nun gerade seine ersten Corona-Fälle vermeldet. Es ist im Moment nicht absehbar, wie es weitergehen wird.

Hier, in meiner unmittelbaren Umgebung, werden einerseits massenweise Veranstaltungen abgesagt, andererseits schüttelt man sich anderswo ganz unbedarft die Hände oder fährt ins Stadion.

Im Angesicht des Corona-Virus ist die Planungssicherheit gleich null!

Es sind noch einmal aktualisierte Flyer eingetroffen für das archäologische Tagesseminar in Nagold am 28. März. Ich möchte (»könnte«!) eine weitere Einladungsrunde starten, es geht in die heiße Phase der Vorbereitungen, Catering bestellen, letztes Briefing mit den Referenten. Aber: Kann die Veranstaltung überhaupt durchgeführt werden? Stand heute ist alles in der Schwebe, möglicherweise werden wir am Freitag eine Entscheidung treffen.

Dennoch geht natürlich einiges voran: Das bereits erwähnte Buch »900 Tage in Auschwitz« steht kurz vor der Fertigstellung und soll nächste Woche in den Druck gehen.

Das englischsprachige Paper »Pilgrims to Noah« für das Sirnak-Symposium ist verfasst und wird nach letzten Korrekturen am Wochenende eingereicht.

Am Montag, den 2. März 2020 haben in Sulz auf der Fläche der zukünftigen Steinbrucherweiterung Ausgrabungen stattgefunden, leider mit ernüchterndem Ergebnis: Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich noch ausführlicher darüber schreiben.

Ein anderes heimatgeschichtliches Projekt hat sich allerdings aufgetan: Bilder von archäologischen Grabungen bei der Kirchenrenovierung 1961 in Sulz sind aufgetaucht. Und: MORIJA hat die EDV- und medientechnische Arbeit für »Breitlings digitale Dorfchronik« verantwortet, ein Artikel ist im Schwarzwälder Boten erschienen.

Es läuft also einiges, und da ich sowieso meist im Homeoffice arbeite, wird mir sicher auch in nächster Zeit nicht langweilig. Aber für die angedachten Unterwegs-Termine, das »Salz in der Suppe« der MORIJA-Arbeit, sieht es derzeit heikel aus. Die nächsten Tage werden entscheidend: Wird der April ein spannender Reisemonat? Oder eher ein Zeitpuffer für unspektakuläre Büro- bzw. Produktionsarbeit?

Timo Roller